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Channel: Ronny Rindler (alias Ronald Ryley)
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Kann ein Autor die Welt verändern?

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Als ich mit dem Schreiben begann, gab es eine Idee, die mich besonders antrieb: Ich wollte die Welt verändern. Aber ist das nicht völlig utopisch? Finden wir es heraus!

Seit ich als Schreibcoach tätig bin, mache ich immer wieder dieselbe Erfahrung. Oft ist ein Burnout, eine schwere Krankheit oder eine Lebenskrise der Anstoß für das Schreiben. Ich stelle in diesen Fällen stets sofort klar, dass ich keinerlei Kompetenzen im therapeutischen Schreiben habe. Auch ist es meistens eine Illusion, die eigenen Erfahrungen eins zu eins als Bestseller-Geschichte aufschreiben zu können. Aber darum geht es diesen Menschen in der Regel gar nicht.

Es ist die Sehnsucht nach einer sinnvollen und erfüllenden Tätigkeit. Wir alle wollen etwas bewegen.

Menschen, die aus solchen Krisen heraus zu mir kommen, tun das, weil sie etwas verändern möchten. Sie wollen sich selbst verändern, ihr Leben und am liebsten auch gleich die ganze Welt. Im Schreiben finden sie Zuflucht. Durch das Schreibhandwerk lernen sie Kommunikation völlig neu. Die Hoffnung wächst, wirklich etwas bewegen zu können. Und nichts ist heilsamer für die Seele als eine Tätigkeit, die sich wertvoll anfühlt.

Aber ist es tatsächlich so? Ist das Schreiben wertvoll? Oder bleibt die Hoffnung, mit seinen Worten nicht nur erdachte Welten zu formen, am Ende nur ein Traum?

Kann eine Geschichte wirklich die Welt verändern?

Nun, Geschichten sind keine Zaubersprüche. Sie verändern nicht die Welt. Aber Geschichten verändern uns. Und wir alle haben sehr wohl die Macht, etwas zu verändern. Jeden Tag aufs Neue.

Ich wurde durch Geschichten verändert. Da waren die legendären Abenteuer von Flipper, die mir zeigten, dass Tiere echte Freunde sein konnten. Die unendliche Geschichte, die mich neugierig machte auf die Geheimnisse der Literatur. E.T. – Der Außerirdische, der mir bewies, dass es mehr gab zwischen Himmel und Erde. Da war dieses Dirty Dancing, zu dem mich meine Mutter an der Alterskontrolle vorbei ins Kino geschleust hatte und das mich hungrig machte auf die Welt der Musik. Und da war Captain Kirk mit seiner heldenhaften Crew vom Raumschiff Enterprise, die mir die Hoffnung gab, dass es irgendwann eine Zukunft geben würde, in der die Menschheit alles Niedere hinter sich gelassen hat, um in Frieden zu leben.

Aber all das bin ich. Es wäre dumm, aus der eigenen Naivität heraus auf andere zu schließen. Wären da nicht Ereignisse wie das folgende.

Die Geschichte vom Space Shuttle Enterprise

Am 26. Juli 1972 gab die NASA den Startschuss für den Bau des weltweit ersten Space Shuttles. Das Konzept eines Flugzeuges, das aus dem Weltraum zurückkehren und landen konnte, sollte die Raumfahrt bahnbrechend verändern. Dementsprechend revolutionär war auch der Name des Space Shuttles. Es sollte Constitution heißen und mit dem englischen Wort für Verfassung die Werte Amerikas ins Weltall tragen – was für ein Symbolwert.

Doch da war auch die fantastische Geschichte vom Raumschiff Enterprise, das viele Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs war, um neues Leben zu erforschen und neue Zivilisationen. Eine Geschichte, die zu Zeiten des kalten Krieges so viel Hoffnung in den Menschen weckte, dass etwas Unglaubliches passierte. Tausende Briefe überfluteten das Weiße Haus. Briefe, in denen Amerikaner darum baten, das erste Space Shuttle der Welt nicht nach den höchsten amerikanischen Werten, sondern nach einer simplen Geschichte zu benennen: Enterprise.

Am 17. September 1976 war es schließlich soweit. Das erste Space Shuttle verließ den Hangar, um der Weltöffentlichkeit präsentiert zu werden. Was geschah, als das Publikum schließlich den Namen Enterprise darauf las, zeigt euch der folgende Film:

Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen

Mit dem Bau des ersten Space Shuttles der Welt und der Geschichte vom Raumschiff Enterprise trafen Fiktion und Realität aufeinander. Aus Hoffnung wurde Wirklichkeit. Ein grandioses Beispiel für die Macht der Träume. Schon der Talmud schreibt:

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Gefühle. Achte auf deine Gefühle, denn sie werden dein Verhalten.

In Zeiten, in denen es mit der Raumfahrt plötzlich weniger voranzugehen schien, waren es Geschichten wie die vom Raumschiff Enterprise, die den Traum von Reisen durchs All am Leben erhielten. Menschen brauchen Visionen. Diese Visionen tragen sie durch den mühseligen Prozess der Entwicklung. Das war nicht erst beim Raumschiff Enterprise so.

War es nicht Jules Vernes, der uns auf die Idee brachte, mit einem Boot auch unter der Wasseroberfläche fahren zu können? Weckten nicht Geschichten wie Kabale und Liebe den Drang nach Gerechtigkeit?  Und ist am Ende nicht auch die Bibel eine Geschichte?

Geschichten und der Mann im Spiegel

Beim Schreiben ist es nicht anders. Auch hier ist es in erster Linie die Idee deiner Geschichte, die dich durch den mühseligen Prozess des Schreibens trägt. An der Seite deiner Hauptfigur kämpfst auch du gegen Widerstände an und überwindest Hindernisse.

Während du Protagonist und Antagonist um eine Lösung für den Konflikt ringen lässt, wechselst du die Fronten. Du ergreifst für jede Partei Stellung. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.

Daher sage ich immer: Schreiben macht tolerant. Selbst, wenn deine Geschichten nur wenige Leser erreichen, verändern sie eine Person auf jeden Fall – dich selbst. Was es für eine Bedeutung hat, sich selbst zu verändern, das hat schon der King of Pop erkannt:

Jede Veränderung beginnt im Kleinen. Vielleicht ist deine Geschichte der erste Anstoß für eine große Veränderung. Vielleicht trägt deine Geschichte dazu bei, eine wichtige Flamme am Leben zu erhalten. Vielleicht aber ist gerade deine Geschichte auch der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Tornado entfacht.

Jede Geschichte transportiert ein Stück virtuelle Lebenserfahrung. Jede Geschichte transportiert Gefühl. Jede Geschichte transportiert einen Gedanken über die Welt. Es kann gar keine Geschichte geben, die die Welt nicht in irgendeiner Form verändert.

Ja, ein Autor kann die Welt verändern. Deine Geschichte zählt. Du machst einen Unterschied.

Lass mich diesen Artikel mit einem Zitat von Martha Graham schließen:

Es gibt eine bestimmte Form der Vitalität, eine Lebenskraft, eine Energie, eine Bewegung, die sich nur durch dich in Aktion umsetzen lässt. Und da du ein einzigartiges Wesen bist, ist auch dieser Ausdruck des Lebens einzigartig. Wenn du diese Lebensenergie blockierst, wird sie niemals durch einen anderen Menschen lebendig und geht für immer verloren.

Fragen zum Artikel?
Du hast Fragen zum Artikel oder zum Thema Schreiben allgemein? Dann zögere nicht – chatte mich direkt hier an! Meine regulären Onlinezeiten sind Mo, Mi, Fr von 10.00–12.00 Uhr und immer, wenn der Chat-Button sichtbar ist.

Der Beitrag Kann ein Autor die Welt verändern? erschien zuerst auf Schreibkurse & Schreibcoaching.


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